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US-Märkte überhitzt: PVM setzt auf Emerging Markets & Rohstoffe
[Einspieler] Börsenradio Network AG, die Expertenmeinung.
[Burkhard Wagner] Man sollte momentan im Kalkül haben, dass es entsprechend auch mal zu einer Korrektur kommen könnte, die 10, 15, vielleicht sogar 20 Prozent ausmacht.
[Einspieler] Börsenradio Network AG
[Matthias Braunwalder] Aber wenn natürlich mal einer dieser Punkte, wie zum Beispiel geopolitische Unsicherheiten, deeskaliert werden kann, dann haben wir sicherlich auch schnell einen Konsolidierungsbedarf von bis zu 15 Prozent.
[Einspieler] Wir machen Börse hörbar und verständlich.
[Burkhard Wagner] Mein Name ist Burkhard Wagner, ich bin Vorstand der Partners Vermögensmanagement AG in München.
[Matthias Braunwalder] Mein Name ist Matthias Braunwalder, ich bin verantwortlich für die Investmentstrategie bei Partners Vermögensmanagement AG in München.
[Andreas Groß] Willkommen beim Börsenradio, ich bin Andi Groß. Die Bewertungen an den Märkten sind momentan hoch. Anleger sind zum Beispiel bereit für einen Dollar Gewinn auch mal gerne 50 Dollar zu bezahlen.
Aber sind die Bewertungen deswegen zu hoch? Und wenn ja, welche Alternativen gibt es? Kleiner Spoiler an der Stelle, es gibt Alternativen.
Und wir werden sprechen über den Goldzug, der mit Volldampf übers Parkett fährt. Ist da trotzdem noch was zu holen? Das ist also unser Fahrplan.
Herr Wagner, die Bewertungen an den Märkten sind momentan hoch. Sind sie denn zu hoch?
[Burkhard Wagner] Das wüssten wir gerne, Herr Groß. Wir wissen ungefähr, wo wir stehen und wo wir auch die Historie hatten im Vergleich. Und da muss man ganz klar sagen, gibt es natürlich schon eine gewisse Art von Überbewertung.
Also wenn Sie sich den MSCI World, also einen der führenden weltweiten Akzentindizes anschauen, mit einem durchschnittlichen Bewertungs-KGV von über 23 oder auch den Standard und Plus 500 in den USA mit einem durchschnittlichen KGV von 27, dann sind sie schon über den langjährigen Schnitt drüber hinaus. Wir haben natürlich die Situation der glorreichen sieben, sprich die sieben großen KI- und Tech-Aktien, die natürlich eine wesentlich höhere Bewertung haben und mittlerweile auch einen sehr großen Einfluss auf diese Indizes haben. Die restlichen, zum Beispiel beim Standard und Plus 500, die restlichen 493 Aktien des Index, die haben eine wesentlich geringere Bewertung.
Also da ist das ganze System etwas verschoben. Wir haben sicher sehr sehr gute Möglichkeiten auf lange Sicht für den Aktienanleger, aber das ist sicher ein Thema, was sich auch historisch immer wieder dann mal auch auf eine normalere Bewertung zurückgebildet hat.
[Andreas Groß] Ob jetzt hoch bewertet oder zu hoch bewertet, was machen wir jetzt daraus? Muss man da gedanklich schon mal irgendwie auf die Bremse treten?
[Burkhard Wagner] Das heißt nicht, dass man nicht investieren sollte. Es geht aber auch darum, für welche Anlagezeit man entsprechende Investitionen tätigt. Man sollte momentan im Kalkül haben, dass es entsprechend auch mal zu einer Korrektur kommen könnte, die 10, 15, vielleicht sogar 20 Prozent ausmacht.
Das muss man verkraften können. Wenn man einen langfristigen Anlegerhorizont hat, sollte das auch kein Problem sein. Aber in der Kürze kann es schon mal auch wehtun, wenn man entsprechend auf das Aktienpferd setzt und die gesamte Aktienbewertung einfach mal etwas zurückkommt.
Dann sollte man das auf alle Fälle nicht ganz vernachlässigt haben.
[Andreas Groß] Also man sollte immer ein Auge mindestens offen haben für Alternativen. Welche das sind, da werden wir gleich drüber sprechen. Ich würde gern, Matthias, auf die Ursachen vielleicht noch mal schauen.
Was sind denn die Treiber? Warum ist denn momentan alles oder vieles im Aktienmarkt so dermaßen teuer?
[Matthias Braunwalder] Es sind aus unserer Sicht mehrere Faktoren, die da drauf Einfluss nehmen momentan. Mit Blick auf die eben angesprochenen Technologiewerte in den USA vornehmlich, ist das Thema künstliche Intelligenz ganz wesentlich. Speziell bei diesen Magnificent Seven, die ja momentan der absolute Motor der Kapitalmärkte sind, sind eben diese gewaltigen Investitionen in dieses Thema KI aus dem Grund der Produktivitätssteigerung, Effizienzsteigerung, die man sich daraus verspricht.
Und die daraus entstehende Erwartungshaltung der Märkte, dass die Gewinnwachstumsentwicklung der nächsten Jahre, so schätzen es Analysten, bei über 15 Prozent per anno sich darstellen sollte. Wir sind der Meinung, das ist schon sehr ordentlich. Und da sind eigentlich Enttäuschungen, zumindest mittelfristig, vorprogrammiert.
[Andreas Groß] Jetzt tut natürlich auch die US-Notenbank alles dafür, um hier noch mal ordentlich Gas zu geben. Das würde natürlich Liquidität geben. Das würde im Grunde genommen auch mit dem ganzen geldpolitischen Thema in den USA zumindest einigen Unternehmen auch noch Vorschub geben, was die Gewinnentwicklung angeht.
[Matthias Braunwalder] Ja, absolut richtig. Der Markt erwartet ja noch dieses Jahr zwei Zinssenkungen. Und sogar für die nächsten zwölf Monate werden drei bis vier Zinsschritte eingepreist aktuell. Und da werden dann schlechte Finanznachrichten ganz schnell zu guten Nachrichten. Deswegen müssen wir uns darauf einstellen, dass der Markt tatsächlich noch ein bisschen Luft nach oben hat. Aber es ist eben Haupteinflussfaktor momentan für diese extremen Entwicklungen an den Kapitalmärkten.
Ein weiterer Faktor, den man vielleicht jetzt gar nicht so auf dem Schirm hat, den wir auch vielleicht die letzten Jahre etwas vernachlässigt haben, wenn wir ein bisschen den Blick gen Osten verschieben, sind es auch Entwicklungen in China, wo momentan sehr viel Wirtschaftsstimuli eingepreist werden und auch passieren tatsächlich, die die asiatischen Märkte jubeln lassen. Die dort riesigen Technologieunternehmen, Alibaba, Tencent und Co., die wir noch aus der Vergangenheit kennen, sind natürlich entsprechend niedrig bewertet in der Vergangenheit gewesen und haben sich aber seit Jahresanfang auch sehr, sehr stark entwickelt und dementsprechend die gesamten globalen Kapitalmärkte auf der Aktienseite nach vorne entwickelt.
[Andreas Groß] Der Markt erwartet noch zwei Zinssenkungen bei den Amerikanern in diesem Jahr. Ich kann mir einen vorstellen, der mindestens fünf Zinssenkungen dieses Jahr erwartet oder erhofft. Aber lassen wir die Politik außen vor.
Herr Wagner, teure Aktienmärkte gerade in den USA, überteuerte USA-Aktien. Wir sind natürlich auch immer auf der Suche nach Alternativen, jetzt gerade besonders. Sind Sie fündig geworden?
[Burkhard Wagner] Man wird eigentlich immer fündig. Das sind manchmal auch Langeweiler. Ich nenne jetzt mal die Nestle AG. Wenn man sich die Aktien anschaut in den letzten fünf Jahren, da haben sie wirklich nicht viel Spaß gehabt. In einem Aufwärtstrend der weltweiten globalen Märkte ist der weltgrößte Lebensmittelhersteller ziemlich dramatisch abgewatscht worden mit einer Minus-Performance, was jetzt nicht heißt, dass die Unternehmung schlecht ist, sondern im Prinzip halt ihre Probleme hat, auch in der Branche, in der sie beschäftigt ist. Aber letztendlich gibt es natürlich immer Alternativen.
Oder nehmen Sie das Thema Mid-Caps oder Smaller Caps, also kleinere Gesellschaften, die diesen Megatrend der letzten paar Jahre nur sehr abgeschwächt mitgemacht haben, die zu einer sehr günstigen Bewertung geführt haben. Wenn Sie hier davon ausgehen, dass eine Konjunktur eher wieder ins Laufen kommt, entsprechend sollten eigentlich auch genau diese mittelgroßen und kleinen Gesellschaften eher davon überdurchschnittlich profitieren. Wir haben Alternativen im alternativen Bereich, dass man jetzt nicht nur Anleihen und Aktien macht, sondern auch natürlich marktneutrale Investments mit hinzufügt.
Also die Vielfalt ist geboten. Man muss halt nur im Prinzip irgendwie schauen, dass man wirklich breit gestreut ist und somit eventuell einzelauftretende Risiken auch entsprechend zu managen.
[Andreas Groß] Also Einzelrisiko ist ja das Thema Zollthematik, wo man nicht so genau weiß, wo geht die Reise dann hin. Es hat sich ein wenig beruhigt, zumindest medial, aber ist ja nach wie vor so ein Damokles-Schwert. Wie geht man jetzt damit um, wenn man da Amerika umschiffen will?
Gibt es da andere Märkte, die dann interessanter sind?
[Burkhard Wagner] Das, was sich die Wirtschaft natürlich denkt und auch die Politik denkt, gilt auch für den Anleger. Natürlich gibt es andere Märkte. Die USA ist wichtig, ist der wichtigste Kapitalmarkt der Welt, aber letztendlich auch nicht das Universum.
Also es gibt andere Möglichkeiten, es gibt andere Regionen, in denen man entsprechend als Unternehmung bemüht sein kann, seine Produkte, seine Dienstleistungen zu veräußern oder entsprechend auch als Anleger. Matthias hat es vorhin erzählt, das Thema China, was wir uns seit geraumer Zeit anschauen, gewinnt jetzt wieder an Dynamik in den letzten Monaten. Plötzlich ist dann Tech-Unternehmen in Asien, die sind dann teilweise halb so teuer wie amerikanische, sind die wirklich so schlecht, sind sie wirklich so fair bewertet oder ist da noch mehr drin?
Also da gibt es sehr gute Möglichkeiten, die auch trotz eines vor sich hin dümpelnden Marktes, in Euro zumindest, also der US-Markt hat ja in Euro betrachtet jetzt gar nicht so viel zugelegt, in US-Dollar schon, aber gibt es ja wohl Alternativen.
[Andreas Groß] Wenn man jetzt eine Alternative sucht zu USA und landet bei China, da könnte der ein oder andere Anleger sagen, naja, da treibe ich einen Teufel vielleicht mit dem Belzebub aus. Wie sieht denn das in der zweiten Reihe aus? Was machen denn die Emerging Markets?
Ich denke da an China, ich denke an Brasilien, ich denke an Japan, ich denke an Südkorea.
[Burkhard Wagner] Die Emerging Markets ist ein ähnliches Thema, ist gnadenlos zurückgeblieben, gerade Südostasien sind ja seit längerer Zeit nicht exklusiv in China, andere Märkte machen es auch vor, die Schwäche von USA, auch die Schwäche des US-Dollars, kann zur Stärke für die Emerging Markets generell werden. Wir sind hier sehr positiv gestimmt, auch für die nächsten Monate und würden hier auch weiter empfehlen, entsprechend investiert zu bleiben und in kleineren Kulturphasen vielleicht sogar eher aufzustocken.
[Andreas Groß] Wir drehen das Rad mal weiter, wir sind im letzten Quartal des Jahres angelangt, wir haben heute den 1. Oktober und bei Ihnen in München findet in wenigen Tagen die Rohstoffmesse statt. Da kommen über 100 Unternehmen aus der ganzen Welt, aus der ganzen Rohstoffwelt.
Gut, dass jetzt ein Goldpreis bei fast 4.000 Dollar ist, die Feinunze, das mag jetzt irgendwo ein glücklicher Zufall sein für die Veranstalter dieser Messe. Was bedeutet das aber für den Investor? Dieser Goldzug, der hat sich in Bewegung gesetzt, der hat Fahrt aufgenommen, dieser schwerfällige Zug.
Kann man da noch aufspringen auf so einen fahrenden Zug oder sollte man vielleicht warten, bis der den nächsten Bahnhof anfährt und vielleicht ein bisschen langsamer wird?
[Matthias Braunwalder] Ja, die Frage ist berechtigt, das Thema Rohstoffe ist wieder zurück auf dem Tisch und wird von allen diskutiert aktuell. Die Edelmetallmärkte in diesem Jahr 2025 haben natürlich extreme Zuwächse erfahren. Gold plus 45%, Silber plus roundabout 60%, Platin plus 70%.
Aber man kommt kaum hinterher und wenn man sich diese relative Stärkeindizes anguckt, bei Gold speziell, dann sieht man ein bisschen so Überkauf momentan wie zuletzt 1980 und 1972. Also gab es überhaupt nur zwei Daten in der Historie. Also da ist schon was passiert und es ist natürlich die Frage, worauf es ist zurückzuführen.
Wir haben die geopolitischen Unsicherheiten, auch neben den Kriegen das Thema Handelskonflikte, was das sicherlich mit einspielt. Wir haben den massiven Ankauf momentan von Zentralbanken, die diese De-Dollarisierung vorantreiben, also speziell die BRICS-Staaten versuchen sich unabhängiger zu machen vom US-Dollar. Und dann ist es meines Erachtens auch ein wesentliches Thema, es ist Vertrauen in die Finanzstabilität der US oder der Staatshaushalte im Allgemeinen.
Wir sehen es ganz aktuell ja auch mit dem Government Shutdown in den USA. Hier verhakt sich das Ganze komplett zwischen Republikanern und Demokraten und es kann meines Erachtens dieses Jahr auch eine ganze Weile dauern. Und da ist einfach viel Vertrauen zerschlagen und deswegen ist die Frage, wie geht es weiter mit Edelmetall?
Es ist sehr teuer, aber wenn natürlich mal einer dieser Punkte, wie zum Beispiel geopolitische Unsicherheiten, deeskaliert werden kann, dann haben wir sicherlich auch schnell einen Konsolidierungsbedarf von bis zu 15 Prozent. Aber langfristig und mittel- bis langfristig ist ein weiterer Anstieg hoch wahrscheinlich, da die Rahmenbedingungen erhalten bleiben.
[Andreas Groß] Und was heißt das jetzt für die Anlagestrategie? Was mache ich als Anleger in dieser Situation? Die amerikanischen Werte, gerade die Tech-Werte, hochbewertet, überbewertet, die Suche nach Alternativen führt uns dann unter anderem auch zu den Emerging Markets oder eine Beimischung im Depot Gold, Silber, aber es gibt ja noch andere Edelmetalle wie Palladium und Platin und keine Ahnung, über die seltenen Erden haben wir noch gar nicht gesprochen. Wie sieht jetzt so ein Jahresenddepot aus?
[Matthias Braunwalder] Ganz konkret, wir haben uns entschieden, ein bisschen Wind aus dem Segel zu nehmen, gerade wenn es um das Thema US-Techs und US-Aktien insgesamt geht. Wir wollen hier ein bisschen reduzieren. Es ist ja da viel Wertzuwachs da und das wollen wir rebalancen, neudeutsch, und die Überbewertungen auch jetzt mal mitnehmen.
Auf der anderen Seite haben wir gerade eben über die Emerging Markets gesprochen, über die Schwellenländer. Dort sehen wir nach wie vor sehr viel Potenzial mittel- bis langfristig und diese Verkaufserlöse wollen wir eben hernehmen, um diese vermeintlich unterbewerteten Segmente wieder aufzubauen und in Summe werden wir dann die Aktienquote nicht signifikant reduzieren, aber einfach ein Stück weit umverteilen. Und für den Rohstoffsektor ist es so, dass wir grundsätzlich schon mit einer Rohstoffquote von 10 bis 15% uns mittlerweile recht wohl fühlen, einfach um diese extremen Schwankungen auszugleichen und mögliche kommende unvorhersehbare Ereignisse dann auch abarbeiten zu können.
Dann denke ich mal steht dem Ganzen nichts mehr im Wege und wir sollten gut gewappnet für die Zukunft sein.
[Andreas Groß] Die US-Märkte sind überhitzt. Die Emerging Markets und Gold mit allen Rohstoffen derzeit im Aufwind. Nicht abwarten, sondern umschichten, sagen Burkhard Wagner und Matthias Braunwalder von der Partners Vermögensmanagement in München. Dankeschön.
[Matthias Braunwalder] Danke auch.
[Burkhard Wagner] Danke. Vielen Dank.
[Einspieler] Börsenradio Network AG