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Kapitalmärkte in der Pandemie – Auch 2022 gilt: Auf Sachwerte setzen

Das Jahr 2021 lässt sich aus Anlegersicht recht einfach zusammenfassen: Relativ hohe Inflationsraten bei rekordverdächtigen Niedrigzinssätzen machten es konservativen Anlegern schwer, die Kaufkraft ihres Vermögens zu erhalten. Anleger litten unter Verwahrentgelten und Negativzinsen, die Banken vor allem Festgeldanlegern und Sparbuch-Fans berechnen.

Dafür stiegen die Immobilienpreise in bisher kaum für möglich gehaltene Höhen. Aktienanleger erfreuten sich an teils zweistelligen Gewinnen. Kurzum: 2021 war ein Anlagejahr für Sachwertfans!

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Kapitalmärkte 2021

Rückblick: Wie nicht anders zu erwarten, waren die Folgen der weltweiten Pandemie im vergangenen Jahr das ausschlaggebende Thema an den Kapitalmärkten. Anders als im wirtschaftlich desaströsen Jahr 2020 verzeichnete die Konjunktur allerdings global einen kräftigen Aufschwung. Die Folge waren explodierende Rohstoffpreise und rekordverdächtige Inflationsraten. In Deutschland stiegen die Verbraucherpreise auf Jahressicht um 5,2 %. Das war der höchste Stand seit 29 Jahren!

Ausblick

Konjunktur: Robust

Wir erwarten, dass sich die Konjunktur im neuen Jahr als robust erweisen wird. Wenngleich zuletzt die Bundesbank ihre Wachstumserwartungen für 2022 von 5,2 % auf 4,2 % zurechtstutzte. Nach Einschätzung der deutschen Währungshüter erleidet die deutsche Wirtschaft im Winter einen Rückschlag. Schon in den vergangenen Monaten wurden Lieferengpässe bei Vorprodukten wie Halbleiter und bei Materialien wie Stahl, Holz und Kunststoff zu einer großen Belastung für die Wirtschaftsentwicklung. Diese Lieferengpässe und die Corona-Pandemie dürften auch im Winterhalbjahr das Wachstum bremsen. Dies unterstreicht der Ifo-Geschäftsklima-Index, der zuletzt zum 6. Mal in Folge fiel. Stellvertretend für die schlechtere Stimmung steht der Einzelhandel. Der Hauptgeschäftsführer des deutschen Handelsverbandes, Stefan Genth, sprach im Zusammenhang mit dem Weihnachtsgeschäft von einer Katastrophe. Bei vielen Handelsbetrieben herrsche Ernüchterung und Existenzangst.

Ab dem Frühjahr 2022 rechnet das Ifo-Institut jedoch mit einer wesentlichen Verbesserung des Konsumklimas. Wahrscheinlich ist, dass sich die deutliche Wirtschaftserholung in das Jahr 2023 verschieben wird.

Inflation/Zinsen: Angespannt

Die Zinsen verharrten auf einem rekordverdächtig niedrigen Niveau – noch. Die amerikanische Notenbank FED verkündete bereits ein Ende der Anleihenkäufe und erste Zinserhöhungen für das Jahr 2022. Die EZB hält die hohe Inflation dagegen für eine kurzfristige Sondersituation und sieht noch keinen Handlungsbedarf. Sie begründet die hohe Steigerungsrate auch mit dem Basiseffekt aus der Mehrwertsteuersenkung und der Konsumzurückhaltung im Corona-Jahr 2020. Die Bundesbank wiederum sieht für 2022 die Inflationsrate bei 3,2 % und damit höher als bisher erwartet.

Eine von der Deutschen Bank durchgeführte Umfrage unter 750 Marktexperten weltweit dokumentierte die Erwartung für steigende Zinsen im Jahr 2022. Demnach könnten die US-Zinsen für zehnjährige Staatsanleihen um 0,4 % auf 1,9 % ansteigen. Für die Renditen der zehnjährigen Bundesanleihen wird ein positiver Zins von 0,3 % erwartet.

Wir glauben, dass sich die Inflationsraten im Jahr 2022 wieder etwas normalisieren werden. Jedoch dürften die niedrigen Teuerungsraten aus der Vor-Corona-Zeit der Vergangenheit angehören. Gleichzeitig müssen Anleger auf Festgeld- und Sparkonten weiterhin Negativzinsen hinnehmen. Angesichts dieser gewachsenen Inflationsrisiken sollten Anleger prüfen, wie resistent ihr Vermögen gegenüber steigenden Preisen und womöglich steigenden Zinsen aufgestellt ist.

Vor allem bei festverzinslichen Wertpapieren drohen bei global anziehenden Zinsen Kursverluste. Da Anleihen zudem nur noch minimale Diversifikationsmöglichkeiten bieten, sollten diese in einem Portfolio nur noch sehr unterdurchschnittlich enthalten sein.

Geopolitik: Sehr komplex

Im Jahr 2022 wird man sein Augenmerk auf die derzeit sehr wackeligen geopolitischen Geschehnisse richten müssen. Die Wirtschafts- und Währungskrise in der Türkei und der militärische Aufmarsch der russischen Armee vor den Toren der Ukraine könnten sich jederzeit zu einem Pulverfass entwickeln. Eine Eskalation dürfte weitreichende Folgen für Wirtschaft und Kapitalmärkte mit sich bringen.

Wichtig für die deutsche Wirtschaft sind die Rahmenbedingungen in China. Die dortige Politik – vor allem die schärferen Kontrollen der Tech-Konzerne wie Alibaba und Tencent – hat Anlegern dramatische Verluste beschert. Chinesische Aktien haben in den USA mehr als 1.000 Milliarden USD an Marktwert verloren. Eine unkontrollierte Pleite der chinesischen Immobilienbranche, etwa des Immobiliengiganten Evergrande, könnte Wellen schlagen, die bis nach Deutschland zu spüren sein werden. Schließlich ist der Handelskonflikt zwischen China und den USA immer noch existent. Die positive Seite: Diese Unsicherheitsfaktoren haben zu einer sehr günstigen Bewertung chinesischer Aktien geführt.

Pandemie: Ein Auslaufmodell – hoffentlich?

Mit zunehmender Impfquote ist davon auszugehen, dass sich die Pandemie sukzessive in eine lokale Epidemie abschwächen kann. Neben den mittlerweile zugelassenen Tot-Impfstoffen und der Pfizer-Pille, die guten Behandlungsergebnisse verspricht, nehmen die medizinischen Möglichkeiten zu und der Schrecken des Virus ab.

Jedoch zeigt die Omikron-Variante sowie noch zu erwartende Mutationen, dass es für eine Entwarnung zu früh ist. Weitere Virus-Wellen hätten weitreichende Folgen für Gesellschaft und Wirtschaft.

Anlageschwerpunkte 2022:

Generell sollten Anleger weiterhin auf Sachwerte setzen. Die Notenbanken haben in den vergangenen Jahren viel Liquidität geschaffen. Dieses Geld sucht nach wie vor nach Anlagemöglichkeiten. Allerdings ist der Optimismus unter Anlegern extrem ausgeprägt. Die Bewertung von Qualitätsaktien gilt als ambitioniert. Somit rechnen wir im Jahr 2022 mit teils stärkeren Schwankungen. Unter dem Strich sollte es ein positives Aktienjahr werden, wenngleich nicht mit ganz so guten Ergebnissen wie im vergangenen Jahr.

Aktien: Vor allem ausgewählte Qualitätsaktien von Firmen mit hoher Preissetzungsmacht werden weiter eine große Rolle spielen. Wir rechnen damit, dass im Zuge einer weiteren konjunkturellen Stabilisierung die Dividenden international weiter erhöht werden. In Deutschland könnten die Mitglieder des erweiterten DAX eine Rekorddividende von mehr als 45 Milliarden Euro ausschütten. Dividendenrenditen von mehr als 5 % dürften dabei keine Seltenheit sein.

ETFs: Zwar eignen sich ETF-Indexfonds langfristig für marktbezogene Investments, im Jahr 2022 sehen wir jedoch bei aktiv gemanagten Fonds größere Vorteile. Die Rekordzuflüsse bei globalen Indexfonds haben vor allem in USA zu einer starken Abhängigkeit geführt. Die sechs größten Aktiengesellschaften Apple, Microsoft, Alphabet, Amazon, Tesla und Facebook haben dort mittlerweile mehr als einen 25 % Anteil am S&P-500-Index. Wenn eines der Schwergewichte ins Straucheln kommt, wird das den Gesamtmarkt bewegen. Apple überschritt zuletzt die 3.000 Mrd. USD-Bewertung – 60 % mehr als der gesamte DAX 40. Indexfonds müssen daher auch zukünftig in diese Schwergewichte investieren, wenn die Indizes abgebildet werden sollen – und dies unabhängig davon, ob die Titel günstig oder teuer bewertet sind.

Immobilien: Betongold bleibt langfristig attraktiv. Bei Immobilienfonds sollten Anleger aber genauer hinschauen. Viele davon investieren laut dem Bundesverband BVI zu mehr als 80 % in Büros, Handel, Gastronomie und Hotels. Hier sind die Folgen der Pandemie noch nicht abzusehen.

Gold: Gold sollte bei den zu erwartenden Kapitalmarktschwankungen auch 2022 als Depot-Stabilisator dienen.

Unser Tipp: Anleger sollten Investitionen zeitlich etwas staffeln. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit, nicht zum unglücklichsten Zeitpunkt zu investieren.