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Aktienbörsen im Banne des COVID19-Virus
Die Aktienmärkte erlebten in der vergangenen Woche die größten Kursverluste seit der Finanzkrise 2008. Auf der ganzen Welt erlitten die Aktienbörsen Verluste von bis zu 15 %. Vor allem institutionelle Anleger reagierten panisch und verkauften Aktien aus Angst vor weiterhin drohenden signifikanten Kursverlusten. Der zuletzt sehr ausgeprägte Optimismus ist in Panik umgeschlagen. Drohen weitere Kursverluste? Wie sollten Anleger reagieren?
Die Fälle der Erkrankten, vor allem in Italien, stiegen sprunghaft an, obwohl man wochenlang den Eindruck hatte, dass sich die Epidemie auf das Ursprungsland China beschränken würde. Aktuell sind es weltweit mehr als 82.300 Fälle, etwas über 2.800 Personen erlagen bisher der Krankheit. Mittlerweile infizierten sich Personen in 60 Ländern, in Deutschland sind es bisher 117 infizierte Personen. In USA verstarb zuletzt das erste Opfer.
Kitas, Hotels und ganze Kreuzfahrtschiffe wurden in Quarantäne genommen. Internationale Messen wie der Mobile World Congress in Barcelona und die Internationale Tourismus-Messe ITB in Berlin wurden kurzerhand abgesagt. Die demnächst stattfindenden Olympischen Spiele in Japan sowie die Fußball-Europameisterschaft im Juni scheinen gefährdet.
Krisenstäbe werden gegründet und Maßnahmen beim grenzüberschreitenden Verkehr werden nicht mehr ausgeschlossen. Arbeitgeber empfehlen aus dem Faschingsurlaub aus Risikogebieten zurückkehrenden Arbeitnehmern, zu Hause zu bleiben und ihren Arzt zu konsultieren. Trotz vieler Maßnahmen breitet sich das hochansteckende Virus weiter aus. Eine Pandemie – also eine durchgehende globale Infizierung über mehrere Kontinente – ist nicht mehr auszuschließen.
Internationale Wissenschaftler gehen davon aus, dass erst frühestens 2021 ein Wirkstoff gefunden werden könnte. Die Sterberate ist laut Wissenschaftlern geringer als bei früheren Epidemien, wie etwa bei dem SARS-Virus im Jahre 2002. Aber: Das COVID-19-Virus hat sich mehr als zehnmal so stark ausgebreitet wie SARS.
Umfangreichere Quarantänemaßnahmen – und ein nachfolgendes Erliegen der Konjunktur und des öffentlichen Lebens – scheinen unausweichlich. Hatte zum Ausbruch des SARS-Virus 2002 China noch einen Anteil am globalen Bruttoinlandsprodukt von 8 %, lag dieser zuletzt bei knapp 20 %. Außerdem ist die globale Vernetzung mit dem Wirtschafts- und Produktionsstandort China wesentlich intensiver geworden.
Ein Großteil der globalen China-Exporte läuft über den Schiffsverkehr. Die letzten Schiffe aus China, die noch unmittelbar vor Ausbruch der Krise gestartet waren, treffen in den nächsten Tagen in Europa und Deutschland ein. Danach lassen sich wahrscheinlich Lieferengpässe in allen Branchen der deutschen Wirtschaft nicht mehr vermeiden.
Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, befürchtet mit großer Wahrscheinlichkeit einen permanenten Schaden für die deutsche Wirtschaft. COVID-19 „trifft die deutsche Wirtschaft zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt, denn die deutsche Wirtschaft lahmt schon“, so Fratzscher.
Viele Menschen in Deutschland reagieren panikartig, Desinfektionsmittel sind ausverkauft, umfangreiche Hamsterkäufe von Lebensmitteln werden getätigt und Urlaubsreisen werden nicht angetreten – die Verunsicherung vor allem bei deutschen Bürgern ist spürbar.
Wie sollten sich Anleger verhalten?
Der grenzenlos scheinende Optimismus vieler Aktien-Anleger hat sich schlagartig in eine „Rette sich wer kann“-Situation gewandelt. Innerhalb weniger Tage hat sich die zuvor ambitionierte Bewertung vieler Aktien stark verbilligt. Die Angst vor einer ungebremsten Ausbreitung des Virus und einer daraus folgenden Rezession geht um.
Gesundheitsminister Jens Spahn empfahl den Deutschen im täglichen Leben eine „wachsame Gelassenheit“. Dies ist wohl auch für Anleger aktuell die empfehlenswerteste Vorgehensweise. Deutschlands Wirtschaft wird bei einer weiteren Eintrübung der globalen Konjunktur mit einer relativ großen Wahrscheinlichkeit in eine technische Rezession gleiten. Bei den Unternehmensgewinnen deutscher Unternehmen für das erste Halbjahr 2020 können – je nach Branche – erhebliche Einbrüche nicht mehr ausgeschlossen werden.
Deutschlands Wirtschaftsvertreter sollten zukünftig gewisse Abhängigkeiten von einzelnen Beschaffungs- und Absatzmärkten überprüfen. Eine sogenannte V-Formation der Aktienmärkte erscheint derzeit unwahrscheinlich, wenngleich teilweise technische Reaktionen und positive Gegenbewegungen auf die bisherigen Kursverluste realistisch erscheinen.
Bei einer weiteren globalen Eskalation der Virus-Auswirkungen sind „ungewöhnliche Geldmarktaktionen“ der internationalen Notenbanken wahrscheinlicher geworden. Fed-Chef Powell kündigte bereits eine angemessene Reaktion auf den Virusausbruch an. Neben Zinssenkungen sind weitere Maßnahmen nicht auszuschließen. Die Notenbank in Hongkong gab z. B. zuletzt bekannt, dass jedem Bürger in Hongkong „Helikoptergeld“ im Wert von knapp 1.200 € geschenkt wird, um die dortige Konjunktur anzukurbeln.
FAZIT
Bei den derzeit düsteren Rahmenbedingungen und der angeknacksten Psychologie vieler Anleger scheinen weitere Kursverluste an den Aktienbörsen nicht auszuschließen zu sein, wenngleich sich auf Dauer dadurch auch langfristig orientierten Anlegern wieder attraktive Einstiegs-Chancen bieten werden. Qualitäts-Aktien aus defensiven Branchen mit attraktiven Dividenden sollten sukzessive bei weiterer Kursschwäche und einem Anlagehorizont von mehr als fünf Jahren zugekauft werden.
Außerdem werden unseres Erachtens die Aktien der internationalen Technologieunternehmen trotz relativ teurer Bewertung auf Dauer wieder auf ihren Erfolgspfad zurückkehren.
Kurzfristig gehen wir beim DAX von einer Schwankungsbreite zwischen 11.000 und 12.600 Punkten aus. Sichere Anleihen solider Emittenten waren zuletzt sehr gefragt und sind mit Negativrenditen als Anlagealternative noch unattraktiver geworden.
Ein zeitlich über Monate hinweg gestaffelter Kauf-Plan an global ausgewählten Aktien bzw. Aktienfonds und/oder ETF reduziert das Timing-Risiko, zum falschen Zeitpunkt das Richtige zu tun.
„Sei ängstlich, wenn andere gierig sind. Sei gierig, wenn andere ängstlich sind.“ (Warren Buffett)